Sehr geehrte Damen und Herren
wie Ihrer Homepage zu entnehmen ist, tritt Lisa Fitz am 10. Februar diesen Jahres mit ihrem Programm „Dauerbrenner“ im Schlachthof auf. Aufgrund verschwörungsideologischer und antisemitischer Äußerungen in der Vergangenheit und unglaubwürdiger Distanzierungen halten wir es für ein Unding, ihr weiterhin öffentliche Bühnen zu bieten. Wir fordern daher von Ihnen, sie auszuladen.
Zur Begründung: Im Januar 2018 zog Lisa Fitz öffentliche Kritik auf sich, als sie einen Song mit dem Titel „Ich sehe was, was du nicht siehst“ auf Youtube veröffentlichte. In diesem finden sich folgende Textzeilen: „Die Welt wird fieser und an wem mag’s liegen? / Ich bin umzingelt von Staatsmacht und Intrigen. / Es rafft noch mehr, wer großen Reichtum hat / und die Menschen neben mir, die werd’n nicht satt. / Der Schattenstaat, die Schurkenbank, der Gierkonzern, / Wer nennt die Namen und die Sünden dieser feinen Herrn? / Der Rothschilds, Rockefeller, Soros & Konsorten, / die auf dem Scheißeberg des Teufels Dollars horten.“ Reproduziert wird hier die Vorstellung einer im Hintergrund („Schattenstaat“) agierenden Weltverschwörung, die aufgrund moralischer Verkommenheit („Schurken“, „Gier“) und persönlicher Gewinnsucht („des Teufels Dollars“, ebenfalls „Gier“, „rafft“) für die Übel dieses Planeten verantwortlich zu machen ist („Die Welt wird fieser und an wem mag’s liegen?“).
Eine deutlich antisemitische Färbung gewinnen diese Zeilen durch die Identifizierung der „Schurken“ mit Rothschild, Rockefeller und Soros: Bei zwei von ihnen handelt es sich um Juden bzw. jüdische Familien. Die jüdische Bankiersfamilie der Rothschilds steht seit dem 19. Jahrhundert im Zentrum antisemitischer Hetze. Ähnlich wie im Falle Soros lautete der Vorwurf, sie würden zum Zwecke der Anhäufung von Geld über Krieg und Frieden in Europa bestimmen sowie Regierungen kontrollieren. Auf die „Juden der Könige“, wie sie damals genannt wurden, zielte auch der NS-Propagandafilm „Die Rothschilds“ von 1940 ab. Dieser Film wurde von Joseph Goebbels gemeinsam mit „Jud Süß“ und „Der ewige Jude“ gefördert und verbreitet. Diese antisemitische Tradition führt Lisa Fitz heute Seite an Seite mit Viktor Orbán und der AfD fort, die sich wie sie an der Person George Soros abarbeiten. In der aktuellen Antisemitismusforschung wurde bereits häufiger konstatiert, dass die Kritik an der Person Soros, so wie sie von der AfD, Orban oder eben auch Fitz betrieben wird, stark antisemitische Züge annimmt.
In der Vergangenheit hatten wir als LBGA bereits häufiger Auseinandersetzungen mit Lisa Fitz. Infolgedessen hat sie auch ein Statement in unsere Richtung verfasst, auf das wir hier nur knapp eingehen wollen. Wir halten ihre Distanzierung für eine reine Abwehrreaktion und aus verschiedenen Gründen für völlig unglaubwürdig. So vergleicht sie die Kritik an ihre Agitation mit der Diskriminierung der Jüdinnen*Juden durch den Nationalsozialismus: „Wird die (Meinungs-)Freiheit schon soweit eingeschränkt, dass man bestimmte Menschen ächten muss, so wie damals („Kauft nicht bei…. “)?“ Das stellt eine massive Verharmlosung der Leiden der jüdischen Bevölkerung durch das NS-Regime dar. Unsere Kritik stellt nämlich mitnichten eine Einschränkung der Meinungsfreiheit dar – so wenig wie die „Kauft nicht bei Juden“-Kampagne der Nazis lediglich Ausdruck beseitigter Grundrechte war. Allein dadurch, dass sich Fitz selbst mit dem Schicksal von Jüdinnen*Juden zur NS-Zeit in einen Zusammenhang bringt, disqualifiziert sie für jeden offenen Diskurs mit ihr.
Ihre Sympathie für das Querdenken-Spektrum ist seit Ausbruch der Corona-Pandemie sichtbar. Bereits in einem Beitrag der SWR-Kabarett-Sendung „Spätschicht“ von Juni 2020 polemisierte Fitz gegen die Thematisierung von Verschwörungstheorien, Antisemitismus und rechter Esoterik. O-Ton Fitz: „Also die Nummer mit den Verschwörungstheoretikern ist doch jetzt irgendwie auch durch. […] Immer heißt es, ‚rechtsradikale, verschwörungstheoretische Hetzer und aluhut-tragende Impfgegner‘ und und und … alles in einen Topf rein, verstehst, wird gar nichts mehr differenziert. Oder: ‚eso-populistische antisemitische Wirrköpfe mit [kruden Verschwörungstheorien].’“ Zum Zeitpunkt der Aufnahme lag der antisemitische und verschwörungsideologisch motivierte Anschlag auf eine Synagoge in Halle mit zwei Todesopfern übrigens weniger als ein Jahr zurück – und Fitz hat nichts besseres zu tun, als die Thematisierung eben diesen ideologischen Hintergrunds ins Lächerliche zu ziehen und für obsolet zu erklären. Es war schließlich ein anderer Spätschicht-Beitrag, der ihrer bis dahin ungebrochenen Reputation in der Querdenken-Szene einen Knick verpasste: Im Dezember 2021 behauptete sie wahrheitswidrig, es gäbe 5000 Impftote in der EU, und bezog sich dabei mutmaßlich auf Behauptungen der rechtsextremen Politikerin Virginie Joron vom Rassemblement National. Der SWR strich die Sendung aus ihrer Mediathek, 3sat veröffentlichte sie gar nicht erst – und schließlich endete auch die Jahre lange Zusammenarbeit zwischen der „Spätschicht“ und Lisa Fitz.
Die Verbreitung von Querdenken-Positionen war aber für niemandem überraschend, der das Treiben von Fitz schon länger beobachtete. Der oben genannte Song „Ich sehe was, was du nicht siehst“ wurde erstmals auf dem Youtube-Kanal Heiko Schrangs, eines Sympathisanten der Reichsbürgerbewegung, veröffentlicht. Darüber hinaus solidarisierte sie sich mit dem Verschwörungsideologen Ken Jebsen, nachdem es zu Protesten an der Verleihung des Kölner Karlspreises für engagierte Literatur an seine Person kam. Es sei daran erinnert, dass Jebsen auf seinem Kanal KenFM behauptet, Mossad und CIA stecken hinter den Anschlägen auf das World Trade Center und auf Charlie Hebdo. Statt derartige Verschwörungstheorien zu kritisieren oder sich einfach rauszuhalten, ließ Fitz ein Grußwort auf der Preisverleihung verlesen. Zu erinnern ist daran, dass sowohl Schrang als auch Jebsen zentrale Persönlichkeiten der Querdenken-Bewegung sind. Auch für Willy Wimmer, einen Autor des neurechten „Compact“-Magazins, äußerte sie in der Vergangenheit bereits Bewunderung, ebenso für Daniele Ganser, der ebenfalls Verschwörungstheorien zu 9/11 verbreitet und seine Bücher im Kai-Homilius-Verlag veröffentlicht – jenem Verlag, der auch die „Compact“ herausgibt.Zudem war sie selbst auch schon zu Gast beim russischen Staatssender RT Deutsch und halluzinierte sich hierbei als eine der wenigen Kabarettist*innen in Deutschland, „die noch die Meinung frei sagen können“ – ohne auch nur mit einem Wort die Situation der Presse- und Meinungsfreiheit in Russland anzusprechen.
Kurzum: Lisa Fitz ist in der Vergangenheit nicht nur mit der Verbreitung antisemitischer Propaganda im Sinne der AfD und in nationalsozialistischer Tradition auffällig geworden, sondern verfügt auch über beste Verbindungen ins Querdenken-Milieu bis in die radikale Rechte – und relativiert und instrumentalisiert das Leid der jüdischen Bevölkerung zur NS-Zeit, um sich selbst als Opfer zu inszenieren. Meinungsfreiheit und Kunstfreiheit sind fraglos hohe Güter, die es zu schützen gilt. Dieser Schutz gilt aber nicht, wenn Personen wie Fitz diese Freiheiten dazu missbraucht, reaktionäre Inhalte zu verbreiten. Dass ihr weiterhin verschiedene Bühnen in München geboten werden, ist absolut inakzeptabel. Wir fordern Sie daher dazu auf, sie wieder auszuladen.
Weitere Informationen finden Sie in unseren beiden älteren Artikeln:
Mit freundlichen Grüßen,
das Linke Bündnis gegen Antisemitismus München (Grüne Jugend München, linksjugend [’solid] München, SJD – Die Falken München, Emanzipatorische Linke München)
1 Kommentar zu „Offener Brief bzgl. des Auftritts von Lisa Fitz am 10. Februar 2023 im Schlachthof München“