Die Demo „Miteinander zur Freude“ der Corona-Rebell*innen am 15. August – eine kommentierte Bilderstrecke

Am 15. August organisierten die Münchner Corona-Rebell*innen einen Demonstrationszug vom Friedensengel bis zum Geschwister-Scholl-Platz. Die Wahl des Ortes für die Abschlusskundgebung fiel nicht zufällig: Sowohl im Redebeitrag von Daniel Langhans wie auch in einem verteilten Flyer nahmen die Demonstrant*innen direkt Bezug auf die Geschwister Scholl, um sich in ihre Tradition zu stellen und ihre eigene Agenda als einen antifaschistischen Kampf zu inszenieren.

 

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Dieser Flyer wurde auf der Demo am 15. 8. verteilt.

Umso höhnischer erscheint es, dass ausgerechnet auf dem Geschwister-Scholl-Platz zwei antisemitische Lieder gespielt und ein antisemitischer Redebeitrag gehalten wurden. Der erwähnte Daniel Langhans behauptete, seit einem Jahrhundert würden einige wenige Finanzeliten mit großem Reichtum an der Spitze der Pyramide die Welt an ihren Fäden wie Marionetten halten und „eugenische Pläne“ gegen die Menschheit hegen würden. Zudem wurden zwei Songs gespielt, in denen ähnlich verklausuliert Antisemitismus reproduziert wurde: Das „Lied zum Widerstand“ von Nikolai Freimann (das bereits von der RIAS Bayern analysiert wurde) und „Blauer Schein“ von Torch (dessen Text hier zu lesen ist). Die schätzungsweise 620 Teilnehmer*innen bedachten diese Entgleisungen mit Applaus. Wie üblich handelte es sich beim Publikum um eine geradezu „bunte“ Mischung. Neben Personen aus dem bürgerlich-alternativen Spektrum mit Friedenstaube, Peace-Zeichen, Dreadlocks und ähnlichen Symbolen waren auch viele aus dem rechten und verschwörungsideologischen Milieu zugegen, wie unsere Bilderstrecke zeigt.

Gleich mehrere Anhänger trugen T-Shirts des Schrang Verlags, wie an dem einprägsamen Symbol zu erkennen ist. Dieser gehört dem umtriebigen Verschwörungsideologen Heiko Schrang, der in verschiedenen „alternativen“ Medien auftritt und dabei immer wider antisemitisches, esoterisches und rechtes Gedankengut verbreitet.

Andere Teilnehmer halten es eher mit QAnon, einer US-amerikanischen Quelle für diverse Verschwörungsideologien, die oft genug Antisemitismus streifen.

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Auch Vertreter des christlichen Fundamentalismus wollten die Corona-Party offenbar nicht verpassen:

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Dieses Paar fordert „Friedensvertrag Jetzt!“ Damit knüpfen sie an den vor allem unter Reichsbürger*innen verbreiteten Mythos von der Nicht-Existenz eines Friedensvertrags zwischen dem Deutschen Reich und den Siegermächten an – obwohl mit dem 2+4-Vertrag ein solcher 1990 durchaus geschlossen wurde. Der Pazifismus der extremen Rechten imaginiert dabei einen internationalen Kriegszustand, in dem sich Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg befindet, und fordert einen Friedensschluss, der diesen Zustand beseitigt. Folglich geht es hier nicht um die Beendigung internationaler militärischer Konflikte, sondern um die Stilisierung eines deutschen Opfermythos mit deutlich revisionistischen Anklängen: Denn wer einen neuen „Friedensvertrag“ fordert, impliziert auch eine Neuverhandlung der Beschlüsse des 2+4-Vertrags, zu denen beispielsweise auch die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als deutsch-polnische Grenze gehört. Dazu passt auch der Redebeitrag eines Polizisten namens Karl Hilz auf dem Geschwister-Scholl-Platz, in dem behauptet wird, Deutschland hätte keine Verfassung und die Einrichtung einer „satzungsgebenden Versammlung“ zur Erstellung einer gefordert wird, um die „Spannungen“ im deutschen Volk zu überwinden.

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Manche Plakate bleiben semantisch schwer nachvollziehbar. Was genau mit „indigenen Europäern“ gemeint ist und was mit der Behauptung intendiert ist, sie wären in Europa die Mehrheit, bleibt unverständlich. In jedem Fall weckt es Assoziationen zu alten rassistischen Ideologemen bzgl. Umvolkung und Überfremdung.

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Diesen Literaturempfehlungen können wir uns nicht anschließen: „Warum schweigen die Lämmer“ und „Angst und Macht“ von Rainer Mausfeld verbreiten krude Verschwörungstheorien.

Auf diesem Plakatständer werden diverse „alternative“ Dienstleistende und Medien empfohlen, darunter auch der antisemitische Kanal KenFM.

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Zu guter Letzt dürfen auch antisemitische Theorien um Georg Soros, die Rothschilds usw. nicht fehlen, die die Regierungen gekauft hätten.

Auch auf anderen T-Shirts und Plakaten finden sich Verschwörungsideologeme der unterschiedlichsten Art:

2 Kommentare zu „Die Demo „Miteinander zur Freude“ der Corona-Rebell*innen am 15. August – eine kommentierte Bilderstrecke

  1. Ich habe mich neulich gezwungen, ein bis zwei Videos von und über diesen Schrang anzuschauen. Der ist höchstens ein Pseudo-Esoteriker. Das, was er darüber von sich gibt, sind leere nur Blasen, die er irgendwo zusammengekratzt hat. Ein Esoteriker ist der sicher nicht. Mich wundert und entsetzt, wie viele Menschen sich mit dem Abzeihen seiner Website schmücken.

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