Offener Brief ans Veranstaltungsforum Fürstenfeld bzgl. eines geplanten Auftritts Lisa Eckharts am 31. August 2022

Sehr geehrter Herr Leinweber, sehr geehrte Frau Kuhn, sehr geehrte Frau Spiewok,

wie auf der Homepage des Veranstaltungsforums Fürstenfeld angekündigt wird, findet am 31. August 2022 ein Auftritt von Lisa Eckhart im Stadtsaalhof Fürstenfeldbruck statt. Dabei handelt es sich um den Nachholtermin der ursprünglich auf den 23. Januar angesetzten Veranstaltung.[1] Bereits am 17. Dezember haben wir Ihnen eine Mail geschrieben mit der Aufforderung, diese abzusagen. Da unsere Mail ignoriert wurde und der Auftritt nunmehr stattfinden wird, wiederholen wir unsere Kritik an Eckhart und unsere Forderung einer Absage in der Öffentlichkeit. Im Folgenden begründen wir das.

Lisa Eckhart löste im Frühling 2020 mit einem Beitrag in der WDR-Sendung „Mitternachtsspitzen“ aus dem Jahr 2018 harsche Kritik aus. Konkret ging es um folgende Worte, die sich auf den Kontext der #metoo-Debatte bezogen: „Am meisten enttäuscht es von den Juden, da haben wir immer gegen den Vorwurf gewettert, denen ginge es nur ums Geld, und jetzt plötzlich kommt raus, denen geht’s wirklich nicht ums Geld, denen geht’s um die Weiber, und deshalb brauchen sie das Geld. Es ist ja wohl nur gut und recht, wenn wir den Juden jetzt gestatten, ein paar Frauen auszugreifen. Mit Geld ist ja nichts gutzumachen. Den Juden Reparationen zu zahlen, das ist, wie dem Mateschitz ein Red Bull auszugeben.“ Diese Ausführungen verbinden das Stereotyp des reichen und gierigen Juden mit der Diskussion um Schlussstrich und Schuldabwehr: Zynisch raunt sie, dass man „den Juden“ nun Frauen zum sexuellen Missbrauch überlasse, da die Wiedergutmachungsleistungen der Nachfolgestaaten des Dritten Reichs nichts bewirkten, weil die Juden ohnehin genug Geld hätten. Damit dockt sie an Vorstellungen von Jüd*innen als Störenfriede für einen Abschluss mit der deutschen Vergangenheit an. Eine solche Vorstellungswelt wird auch als sekundärer Antisemitismus bezeichnet.[2] Eckharts Beitrag wurde von Felix Klein, dem Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung, dem American Jewish Comittee Berlin (AJC), dem Jüdischen Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus (JFDA) und dem Bundesverband der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) als antisemitisch eingestuft.[3] Verteidigt wurde sie demgegenüber unter anderem von rechtsextremen Akteur*innen wie der AfD oder der Jungen Freiheit.[4]

Bei diesem Vorkommnis blieb es nicht. Im August 2020 sollte sie beim Hamburger Harbour-Front-Literaturfestival auftreten, wurde aber von der Festivalleitung ausgeladen, weil es seitens antifaschistischer Aktivist*innen angeblich Gewaltandrohungen gegeben habe; das Geschwätz von Cancel-Culture war groß und die Festivalleitung war sich nicht zu schade, Vergleiche mit der Weimarer Republik zu ziehen. Schließlich stellten sich diese Drohungen als erfunden heraus[5], was Eckhart aber wenig später nicht davon abhielt, in diesem Zusammenhang von „Querulanten“ zu sprechen[6]. Offenkundig weiß man sich bei Eckhart und ihren Anhänger*innen nur noch mit der künstlichen Erzeugung einer linksgrünversifften Drohkulisse zu helfen, um von den Antisemitismusvorwürfen abzulenken.

Zwischenzeitlich setzte Eckhart noch einen drauf und stellte in einem Auftritt im ORF am 9. November 2021[7] die rhetorische Frage: „Wieso sind in Sachen Humor die Juden den Frauen zwei Nasenlängen voraus?“ In einem Artikel des BR KulturBühne wird dieser Gag treffend kommentiert: „Es ist ein platter Witz, dessen einzige Pointe eines der hartnäckigsten antisemitischen Stereotype ist: Die angeblich lange Nase von Juden, in die Köpfe von Millionen Deutschen (und Österreichern) gebrannt durch Tausende judenfeindliche Karikaturen der Nazis und offensichtlich bis heute dort verankert. Denn das Publikum lacht.“[8] Dem ist lediglich noch hinzuzufügen, dass Eckhart – wohl kalkuliert – diesen Witz am Gedenktag der Novemberpogrome 1938 veröffentlicht hat – jener Pogrome, in deren Verlauf Hunderte von Jüd*innen ums Leben kamen und Tausende Synagogen zerstört wurden. Man darf davon ausgehen, dass Lisa Eckhart nach der Debatte um ihren letzten Auftritt wissen müsste, was antisemitische Bemerkungen bei der jüdischen Bevölkerung und all jenen, die für Antisemitismus sensibilisiert sind, auslöst: Empörung und Kritik. Und das ist es offenbar auch, was Eckhart bei den jüdischen Gemeinden in Deutschland bewirken will.

Einem solchem Treiben muss ein Riegel vorgeschoben werden. Wir finden es unerträglich, dass anno 2022 im Kulturbetrieb judenverachtende Bemerkungen und Witze geduldet und sogar entschuldigt werden, als gäbe es einen doppelten Boden oder eine irgendwie entlarvende Metaebene. Antisemitismus bleibt Antisemitismus, auch im Kabarett und von Kunstfiguren verbreitet. Am Beispiel Eckhart sehen wir alle, wozu das führt: Jüd*innen werden dem Spott preisgegeben und die Rechten jubeln. In Zeiten des zunehmenden Antisemitismus, des Zulaufs für judenfeindliche Akteur*innen wie die AfD oder Querdenken, ist nichts verantwortungsloser als Aktionen wie jene Eckharts zu dulden. Wir fordern Sie daher dazu auf, die Veranstaltung mit ihr abzusagen.

Mit freundlichen Grüßen,

das Linke Bündnis gegen Antisemitismus München (Grüne Jugend München, linksjugend [’solid] München, SJD – Die Falken München, Emanzipatorische Linke München, Antifaschismus-Referat der LMU)

[1] https://www.fuerstenfeld.de/programm/event/20210220_lisa_eckhart, zuletzt aufgerufen am 10.08.2022.

[2] https://www.anders-denken.info/informieren/sekund%C3%A4rer-antisemitismus-1, zuletzt aufgerufen am 10.08.2022.

[3] https://www.juedische-allgemeine.de/kultur/judenhass-im-deckmantel-der-satire/, zuletzt aufgerufen am 10.08.2022.

[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Lisa_Eckhart, https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2020/der-feuchte-alptraum-der-politisch-korrekten/, jeweils zuletzt aufgerufen am 10.08.2022.

[5] https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/Lisa-Eckhardt-konstruierte-Debatte-um-Cancel-Culture,lisaeckhart102.html, zuletzt aufgerufen am 10.08.2022.

[6] https://www.welt.de/regionales/hamburg/article215024886/Lisa-Eckhart-hofft-dass-sie-beim-Harbour-Front-Literaturfestival-keinen-Preis-gewinnt.html, zuletzt aufgerufen am 10.08.2022.

[7] https://www.juedische-allgemeine.de/kultur/lisa-eckhart-und-die-judenwitze/, zuletzt aufgerufen am 10.08.2022.

[8] https://www.br.de/kultur/gesellschaft/lisa-eckhart-macht-antisemitischen-witz-in-aktuellem-programm-100.html, zuletzt aufgerufen am 10.08.2022.

1 Kommentar zu „Offener Brief ans Veranstaltungsforum Fürstenfeld bzgl. eines geplanten Auftritts Lisa Eckharts am 31. August 2022

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