Am 22. Juli 2019 verlieh der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in der Münchner Residenz den Bayerischen Verdienstorden an 58 Personen, darunter auch an die Kabarettistin Lisa Fitz.[1] Bei diesem Orden handelt es sich um ein „Zeichen ehrender und dankbarer Anerkennung für hervorragende Verdienste um den Freistaat Bayern und das bayerische Volk“ und ist mit diversen Rechten verbunden, die die*der Preisträger*in erhält.[2] Wir kritisieren und verurteilen diesen Akt der Anerkennung von einer verschwörungsideologischen Hetzerin wie Lisa Fitz entschieden.
Im Januar 2018 zog Lisa Fitz öffentliche Kritik auf sich, als sie einen Song mit dem Titel „Ich sehe was, was du nicht siehst“ auf Youtube veröffentlichte.[3] In diesem finden sich folgende Textzeilen: „Die Welt wird fieser und an wem mag’s liegen? / Ich bin umzingelt von Staatsmacht und Intrigen. / Es rafft noch mehr, wer großen Reichtum hat / und die Menschen neben mir, die werd’n nicht satt. / Der Schattenstaat, die Schurkenbank, der Gierkonzern, / Wer nennt die Namen und die Sünden dieser feinen Herrn? / Der Rothschilds, Rockefeller, Soros & Konsorten, / die auf dem Scheißeberg des Teufels Dollars horten.“[4] Reproduziert wird hier die Vorstellung einer im Hintergrund („Schattenstaat“) agierenden Weltverschwörung, die aufgrund moralischer Verkommenheit („Schurken“, „Gier“) und persönlicher Gewinnsucht („des Teufels Dollars“, ebenfalls „Gier“, „rafft“) für die Übel dieses Planeten verantwortlich zu machen ist („Die Welt wird fieser und an wem mag’s liegen?“).
Soweit, so verschwörungsideologisch: Eine deutlich antisemitische Färbung gewinnen diese Zeilen durch die Identifizierung der „Schurken“ mit Rothschild, Rockefeller und Soros: Bei zwei von ihnen handelt es sich um Juden bzw. jüdische Familien. George Soros, ein ungarisch-amerikanischer Investor und Philanthrop, ist derzeit beliebtes Ziel antisemitischer Agitation. So betreibt der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán aktuell eine umfassende Hetzkampagne gegen Soros: Er wirft ihm vor, im Hintergrund sowohl die ungarische Opposition als auch Hillary Clinton zu kontrollieren[5] sowie Europa mit Flüchtlingen zu „überschwemmen“[6], und spricht in solchen Zusammenhängen auch von einer Verschwörung zwischen Jüdinnen*Juden und Linken[7]. In Deutschland und auch München befasst sich zudem die AfD mit den vermeintlichen Machenschaften von Soros[8]. In dieses antisemitische, rassistische und rechtsradikale „Gruselkabarett“ reiht sich nun auch Lisa Fitz ein.
Während George Soros ein aktuelles Beispiel darstellt, beweist Lisa Fitz in ihrer Aufzählung allerdings auch Traditionsbewusstsein. Die jüdische Bankiersfamilie der Rothschilds steht seit dem 19. Jahrhundert im Zentrum antisemitischer Hetze. Ähnlich wie im Falle Soros lautete der Vorwurf, sie würden zum Zwecke der Anhäufung von Geld über Krieg und Frieden in Europa bestimmen sowie Regierungen kontrollieren[9]. Auf die „Juden der Könige“, wie sie damals genannt wurden, zielte auch der NS-Propagandafilm „Die Rothschilds“ von 1940 ab. Dieser Film wurde von Joseph Goebbels gemeinsam mit „Jud Süß“ und „Der ewige Jude“ gefördert und verbreitet[10].
Diese antisemitische Tradition führt Lisa Fitz heute Seite an Seite mit Viktor Orbán und der AfD fort und wird dafür von der bayerischen Regierung auch noch mit einem Verdienstorden belohnt. Dabei bleibt die Problematik um Lisa Fitz bei diesem Song gar nicht stehen.[3] Nicht nur, dass dieser erstmals auf dem Youtube-Kanal Heiko Schrangs, eines Sympathisanten der Reichsbürgerbewegung, veröffentlicht wurde und sie damit Verbindungen ins Querfront-Milieu offenbart: So war sie selbst auch schon zu Gast beim russischen Staatssender RT Deutsch und halluzinierte sich hierbei als eine der wenigen Kabarettist*innen in Deutschland, „die noch die Meinung frei sagen können“ – ohne auch nur mit einem Wort die Situation der Presse- und Meinungsfreiheit in Russland anzusprechen. Darüber hinaus solidarisierte sie sich mit dem Verschwörungsideologen Ken Jebsen nachdem es zu Protesten an der Verleihung des Kölner Karlspreises für engagierte Literatur an seine Person kam. Es sei daran erinnert, dass Jebsen auf seinem Kanal KenFM behauptet, Mossad und CIA stecken hinter den Anschlägen auf das World Trade Center und auf Charlie Hebdo.[11] Statt derartige Verschwörungstheorien zu kritisieren oder sich einfach rauszuhalten ließ Fitz ein Grußwort auf der Preisverleihung verlesen. Auch für Willy Wimmer, einen Autor des neurechten „Compact“-Magazins, äußerte sie in der Vergangenheit bereits Bewunderung, ebenso für Daniele Ganser, der ebenfalls Verschwörungstheorien zu 9/11 verbreitet und seine Bücher im Kai-Homilius-Verlag veröffentlicht – jenem Verlag, der auch die „Compact“ herausgibt.[12]
Lisa Fitz liefert ein weiteres Beispiel dafür, wie die Querfront funktioniert. Abseits ihrer Verbindungen ins neurechte Milieu um „Compact“ und Sympathisaten der Reichsbürgerbewegung ist sie in der Vergangenheit nämlich auch immer wieder in linken Kontexten aktiv geworden. So unterstützte sie nicht nur die Bewegung „Aufstehen“ Sarah Wagenknechts (DIE LINKE), sondern sprach 2017 auch auf der Anti-Siko-Demo der Friedensbewegung am Münchner Stachus.[2][13] Dort behauptete sie, “der Aufstieg des IS“ sei „eine absichtsvolle Entscheidung der US-Regierung“ gewesen und er werde “von den USA und Israel nach Bedarf gelenkt“. Von Personen aus der linken Bewegung erwarten wir allerdings, sich von Gestalten wie Lisa Fitz fernzuhalten und ihr keine Bühne zu bieten. Unabhängig davon ob Fitz sich dessen bewusst ist, sind ihre Theorien hochgradig anschlussfähig an antisemitische Ressentiments.
Kurzum: Lisa Fitz ist in der Vergangenheit nicht nur mit der Verbreitung antisemitischer Propaganda im Sinne der AfD und in nationalsozialistischer Tradition auffällig geworden, sondern verfügt auch über beste Verbindungen ins Milieu der Querfront bis in die radikale Rechte. Die Auszeichnung mit dem Bayerischen Verdienstorden ist angesichts dessen völlig inakzeptabel. Wir fordern den Freistaat Bayern auf, ihr den Orden wieder abzuerkennen und deutlich zu machen, dass solch antisemitischer Propaganda entgegenzutreten ist.
[1] https://www.sueddeutsche.de/news/leben/auszeichnungen—muenchen-bayerischer-verdienstorden-fuer-wagner-fitz-und-gruber-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-190721-99-148181, zuletzt aufgerufen am 23.07.2019.
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Bayerischer_Verdienstorden, zuletzt aufgerufen am 23.07.2019.
[3] https://www.psiram.com/de/index.php/Lisa_Fitz, zuletzt aufgerufen am 23.07.2019.
[4] https://lyricstranslate.com/de/lisa-fitz-ich-sehe-was-was-du-nicht-siehst-lyrics.html, zuletzt aufgerufen am 23.07.2019.
[5] https://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/4992567/Orban_Der-Mund-gehoert-Clinton-die-Stimme-gehoert-Soros, zuletzt aufgerufen am 23.07.2019.
[6] https://www.welt.de/wirtschaft/article170804359/George-Soros-wehrt-sich-gegen-Orbans-Hetzkampagne.html, zuletzt aufgerufen am 23.07.2019.
[7] http://www.pesterlloyd.net/html/1545orbanaluhut.html, zuletzt aufgerufen am 23.07.2019.
[8] S. dazu allgemein https://jungle.world/artikel/2019/23/adolf-bitte-melde-dich und speziell für München https://lbga-muenchen.org/2018/11/19/die-muenchner-afd-und-der-antisemitismus/, jeweils zuletzt aufgerufen am 23.07.2019.
[9] https://de.wikipedia.org/wiki/Rothschild#Die_Rothschilds_als_Gegenstand_von_Hetzkampagnen_und_Verschw%C3%B6rungstheorien, zuletzt aufgerufen am 23.07.2019.
[10] https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Rothschilds_(1940), zuletzt aufgerufen am 23.07.2019.
[11] https://www.psiram.com/de/index.php/Ken_Jebsen, zuletzt aufgerufen am 23.07.2019.
[12] https://www.psiram.com/de/index.php/Daniele_Ganser, https://www.psiram.com/de/index.php/Kai_Homilius_Verlag, zuletzt aufgerufen am 23.07.2019.
[13] https://sicherheitskonferenz.de/de/Lisa-Fitz-SIKO-18.2.2017-Stachus, zuletzt aufgerufen am 23.07.2019.
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