Dass der Anschlag David Sonbolys am Münchner Olympia-Einkaufszentrum (OEZ) am 22. Juli 2016, der neun Menschen das Leben kostete, rassistisch und rechtsradikal motiviert war, ist keine Neuheit. Ebenso wenig, dass er durch die Internetplattform Steam international mit weiteren Amokläufern wie dem US-Amerikaner William Atchison, der am 7. Dezember 2017 in Aztec/New Mexico zwei Menschen mit hispanoamerikanischem Hintergrund tötete, und diversen anderen Personen mit rechtsradikalen Ansichten vernetzt war – und sich mit ihnen auch über die Beschaffung von Waffen und die Organisation terroristischer Anschläge austauschte. Nach wie vor ist die Einstufung des Anschlags als rassistisch, rechtsradikal, rechtsextrem oder rechtsterroristisch umstritten – ebenso wie die Ermittlungen der Behörden in der internationalen Amokszene eher dürftig sind.
Nun wurde von externer Seite in besagter Szene akribisch recherchiert und das Ergebnis in einem Dokument veröffentlicht, das wir hier teilen und weiterverbreiten wollen:
In diesem Dokument finden sich einleitende Erläuterungen zu Tätern, ihren Milieus unterschiedlichen Kategorisierungen von Tätertypen und eine umfangreiche Sammlung bisheriger Artikel aus der Presse oder aus Wikipedia zu Sonboly, der Amokszene und ihrem rechtsradikalen Weltbild – aber auch die Ergebnisse eigener Recherchen. Ausgehend von der Person David Sonboly wurden diverse Gruppen auf Steam, in denen er Mitglied war, und zahlreiche Profile, mit denen er ebenda vernetzt war, durchforstet. Von Bedeutung sind darüber hinaus auch Fangruppen, die nach dem Anschlag am OEZ gegründet wurden und in denen Sonboly gehuldigt wird. Dabei wird nicht nur das Ausmaß und die zahlenmäßige Größe dieses Netzwerks ersichtlich, sondern auch die Verankerung eines zutiefst rechtsradikalen, rassistischen, misogynen und auch antisemitischen Weltbildes. Da mit Sonboly und Atchison zwei Personen aus diesem Umfeld mittlerweile rassistische Anschläge verübt haben, ist das Fazit dieses Dokuments nur folgerichtig: „Der nächste größere Amoklauf/Anschlag aus diesem Milieu wird leider mit hoher Wahrscheinlichkeit kommen. Vielleicht morgen, vielleicht erst in mehreren Jahren.“
Nicht nur, weil mit dem Anschlag am OEZ ein Vorfall hier in München Dreh- und Angelpunkt dieser Thematik ist, sondern auch wegen des offenen und aggressiven Antisemitismus des Amok-Netzwerks sehen wir uns als Linkes Bündnis gegen Antisemitismus München in der Pflicht, für die Verbreitung dieser Recherche und die Skandalisierung ihrer Ergebnisse zu sorgen. Der Attentäter von New Mexico, William Atchison, postete beispielsweise auf Steam: „Once I really am in power, my first and foremost task will be the annihilation of the Jews. As soon as I have power to do so, I will have gallows built in rows-at the Marienplatz in Munich, for example-as many as traffic allows. Then the Jews will be hanged indiscriminately, and they will remain hanging until they stink; they will hang there as long as the principles of public hygiene permit. As soon as they have been untied, the next batch will be strung up, and so on down the line, until the last Jew in Munich has been exterminated. Other cities will follow suit, precisely in this fashion, until all Germany has been completely cleansed of Jews.” Atchison fantasierte folglich von der Vernichtung aller Jüdinnen*Juden – und wollte damit aus welchem Grund auch immer in München beginnen. Dass eine Gefahr für Jüdinnen*Juden auch heute noch von diesem Netzwerk ausgeht – ob in oder außerhalb Münchens – zeigt ein Account namens „Ivan Der Judenjäger“, der mit Sonboly und Atchison vernetzt war und noch aktiv ist.
Kurzum: Wir bitten darum, die genannte Recherche zu verbreiten, sowie Ausmaß und Weltbild dieses Netzwerks potentieller Rechtsterroristen zu thematisieren und zu skandalisieren. Wir fordern von den Behörden ebenso wie von der Gesamtgesellschaft, den rechtsradikalen politischen Gehalt von Amokläufen ernst zu nehmen und Schritte einzuleiten, damit sie sich nicht mehr wiederholen.